Die Kandidierenden zur Landtagswahl zeigen, welche gesundheitspolitischen Schwerpunkte sie setzen, welche Maßnahmen sie für die Region umsetzen wollen und welche Themen Ihnen im Wahlkreis besonders wichtig sind.
Welche Gesundheitsthemen sind Ihnen im Hinblick auf die nächsten fünf Jahre besonders wichtig und warum?
Umsetzung des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG): Das KHZG fördert die Digitalisierung der Krankenhäuser. Die digitale Patientenakte verbessert die sichere Informationsweitergabe zwischen Behandlern und stärkt besonders im ländlichen Raum die Vernetzung im Gesundheitswesen. Durch umfangreiche Fördermittel können bundesweite digitale Standards umgesetzt und die Patientenversorgung modernisiert werden.
Demografischer Wandel: Die alternde Gesellschaft stellt das Gesundheitssystem vor neue Herausforderungen. Um eine gleichberechtigte Versorgung und Teilhabe zu sichern, müssen präventive, ambulante und stationäre Angebote zugänglich und finanzierbar bleiben. Vielfältige Wohn- und Versorgungsformen sind für Pflegebedürftige aller Altersgruppen notwendig.
Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der Gesundheitsversorgung in Ihrem Wahlkreis und wo sehen Sie den dringlichsten Bedarf etwas zu verbessern?
Insgesamt ist die Gesundheitsversorgung im Wahlkreis stabil und zuverlässig. Der Neubau mehrerer Fachabteilungen des SRH Krankenhauses Sigmaringen, darunter Notaufnahme sowie Allgemein- und Unfallchirurgie, und die Anschaffung eines Da Vinci-Operationsroboters verbessern die medizinische Qualität deutlich. Die Nachnutzung des ehem. Krankenhauses in Bad Saulgau durch MVZ stärkt die regionale Versorgung nachhaltig. Das 2022 neu eröffnete Hospiz ist ebenfalls ein wichtiger Pfeiler der Versorgung. Geplant ist die notwendige Modernisierung des SRH-Bestandsgebäudes, in dem sich auch der Kreißsaal und die Intensivstation befindet. Große Herausforderungen bestehen durch die Schließung einer der beiden kinderärztlichen Praxen in Sigmaringen und den Mangel an Plätzen in Pflegeheimen.
Welche Maßnahmen zur Vorbeugung von Krankheiten und zur Förderung der Gesundheit sind für Sie am wichtigsten und wie setzen Sie sich für eine Umsetzung dieser Maßnahmen in Ihrem Wahlkreis ein?
Der Landkreis Sigmaringen bietet vielfältige Möglichkeiten für soziale und kulturelle Teilhabe, wie es das Bundesteilhabegesetz vorsieht. Ein reiches Kulturangebot, barrierefreie öffentliche Bereiche und ein aktives Vereinsleben mit Narrenvereinen, Turn- und Musikvereinen fördern Gemeinschaft, beugen Einsamkeit vor und wirken dadurch nachweislich präventiv gegen Demenz. Ehrenamtliches Engagement stärkt zudem das Zugehörigkeitsgefühl. Dies muss gefördert werden. Landschaft, Biotope, Wanderwege, Flüsse sowie die Sonnenhoftherme in Bad Saulgau und das sanierte Freibad in Sigmaringen ermöglichen körperliche Aktivität, die Herz-Kreislauf- und weitere Erkrankungen vorbeugt. Gleichzeitig erfordert die Klimakrise (z. B. steigende Hitzebelastung) gezielte Präventions- und Hitzeschutzmaßnahmen.
Welche Herausforderungen gibt es Ihrer Meinung nach in der Pflege in Ihrem Wahlkreis und welche Maßnahmen sind erforderlich, um diese zu bewältigen?
Der demografische Wandel, fehlende Heimplätze und der Pflegenotstand betreffen Kliniken, stationäre Einrichtungen und die ambulante Pflege. Die Pflegeausbildung muss attraktiv gestärkt werden, z. B. über die Berufsfachschule Pflege und den Neubau der Bertha-Benz-Schule, um Fachkräfte im Landkreis zu halten. Veränderungen in Familienstrukturen & Frauenrollen verringern die informelle Pflege durch Angehörige, sodass gesellschaftliche Diskussionen über den Wert von Carearbeit nötig sind. Über 80 % der Pflegebedürftigen werden ambulant versorgt, überwiegend durch Angehörige, die Entlastungsangebote wie Ehrenamt, Betreuungsgruppen oder Mittagstische benötigen. Zusätzlich ist Prävention bei jungen Menschen, z. B. gegen riskanten Alkoholkonsum, sowie der Ausbau von Therapieangeboten zentral.
Welche Gesundheitsthemen sind Ihnen im Hinblick auf die nächsten fünf Jahre besonders wichtig und warum?
Nach den schmerzhaften Klinikschließungen in Bad Saulgau und Pfullendorf gilt es zuallererst den Standort unserer Klinik in Sigmaringen zu stabilisieren, damit die Menschen im Kreis Sigmaringen im Notfall genau die medizinische Hilfe finden, die sie brauchen. Die Krankenhausreform muss so umgesetzt werden, dass in der Fläche mindestens eine stationäre Grundversorgung für Notfälle gewährleistet ist. Einhergehen muss dies parallel mit der Neuausrich-tung des Rettungsdienstes. Darüber hinaus müssen wir unser Augenmerk auch verstärkt auf unsere Hausarztpraxen und die kinderärztliche Versorgung richten. Viele Hausärzte sind über 60, mit der Schließung zweier Kinderarzt-praxen in Bad Saulgau und Sigmaringen mögen wir rechnerisch immer noch im grünen Bereich liegen – für kranke Kinder bedeutet dies aber weite Wege. Das kann uns nicht zufrieden stellen.
Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der Gesundheitsversorgung in Ihrem Wahlkreis und wo sehen Sie den dringlichsten Bedarf etwas zu verbessern?
Baden-Württemberg verfügt über schlankere Krankenhausstrukturen als alle anderen Länder. Trotzdem verzeichnen unsere Kliniken die bundesweit höchs-ten Defizite. Das geht auf Grund des hohen Anteils kommunaler Krankenhaus-träger vor allem zu Lasten der Kreis- und Kommunalhaushalte. Der Landkreis Sigmaringen hat in den vergangenen Jahren von drei Krankenhausstandorten zwei geschlossen, nicht zuletzt um das Defizit für den Landkreis dauerhaft zu senken und das verbliebene Haus in Sigmaringen, das mit Hilfe des Landes mit einem Neubau modernisiert wurde, dauerhaft zu sichern. Hier müssen wir auf Bundesebene Änderungen in den Vergütungsregeln erreichen. Insgesamt gilt es, auch bei der medizinischen Versorgung Bürokratie abzubauen. Ärzte wollen sich um ihre Patienten kümmern und nicht um Papierkram. Damit wir hier auf dem Land für die Ansiedlung junger Ärzte attraktiv bleiben, brauchen wir auch weiterhin die Niederlassungsförderung über das Landarztprogramm und die Landarztquote.
Welche Maßnahmen zur Vorbeugung von Krankheiten und zur Förderung der Gesundheit sind für Sie am wichtigsten und wie setzen Sie sich für eine Umsetzung dieser Maßnahmen in Ihrem Wahlkreis ein?
Der Landkreis Sigmaringen, den ich als Kreisrätin mitgestalten darf, hat hier bereits viele Maßnahmen auf den Weg gebracht, die zur Vermeidung von Krankheiten und einer besseren Gesundheitskompetenz der Menschen führen sollen. In einer Kommunalen Gesundheitskonferenz Landkreis Sigmaringen (KGK) werden alle Akteure im Gesundheitswesen zusammengebracht, die in unterschiedlichen Netzwerken von Gesund aufwachsen bis Gesund älter wer-den unterschiedliche Angebote machen, mit dem Ziel beispielsweise Bildungs-angebote für die Themen Ernährung oder gesunde Lebensverhältnisse zu machen. Wichtig ist, dass wir den Kindern bereits im Kindergarten und in der Schule Spaß an Ernährung und Bewegung vermitteln. Hier bietet auch der Kochschulbus des Landes eine gute Ergänzung.
Welche Herausforderungen gibt es Ihrer Meinung nach in der Pflege in Ihrem Wahlkreis und welche Maßnahmen sind erforderlich, um diese zu bewältigen?
Was die Menschen vor allem umtreibt ist die Frage, ob sie sich Pflege im Alter überhaupt noch leisten können, wenn der Eigenanteil immer stärker steigt. Da bei uns noch immer die meisten Pflegebedürftigen zuhause versorgt werden, brauchen wir für pflegende Angehörige Unterstützung und Hilfe: Angebote in der Tagespflege und auch Kurzzeitpflegeplätze, wenn die Angehörigen an ihre Grenzen kommen. Der demografische Wandel führt dazu, dass immer weni-ger Pflegende sich einer immer größeren Zahl von Pflegebedürftigen gegen-übersehen. Deswegen brauchen wir eine Pflegereform, die vor allem auch die häusliche Pflege stärkt. Die Bürokratie im Heimrecht und bei Bauvorschriften müssen wir abbauen. Zudem müssen wir die Anerkennung ausländischer Ab-schlüsse für den Pflegeberuf deutlich schneller hinbekommen.
Welche Gesundheitsthemen sind Ihnen im Hinblick auf die nächsten fünf Jahre besonders wichtig und warum?
Gesundheit darf keine Frage der Postleitzahl sein. In den letzten Jahren und Monaten hat sich die Gesundheitsversorgung im Landkreis Sigmaringen deutlich verschlechtert. Nach der Schließung der Krankenhäuser in Pfullendorf und Bad Saulgau im Jahr 2022 wurde nun auch die Notfallpraxis in Bad Saulgau durch die Kassenärztliche Vereinigung geschlossen. Ein solcher Rückbau ist fahrlässig. Die Kassenärztliche Vereinigung hat einen klaren Versorgungsauftrag, auch hier im ländlichen Raum. Wir müssen den weiteren Abbau der Versorgung stoppen, in unser Gesundheits- und Krankenhaussystem investieren und mehr Ärztinnen und Ärzte ausbilden, um Praxen nachzubesetzen und Notfallstrukturen langfristig zu sichern.
Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der Gesundheitsversorgung in Ihrem Wahlkreis und wo sehen Sie den dringlichsten Bedarf etwas zu verbessern?
Ich würde die Gesundheitsversorgung im Landkreis Sigmaringen aktuell als prekär einschätzen. Abgesehen von den Krankenhaus- und Notfallpraxis-Schließungen hat der Landkreis Sigmaringen landesweit die schlechteste Kinderarztabdeckung. Eine Versorgung von ganzen Städten mit nur einem Kinderarzt, ist keine tragbare Situation für Eltern mit kleinen Kindern. Wir brauchen wohnortnahe Grundversorgung und eine Erreichbarkeit innerhalb von nicht mehr als allerhöchstens 30 Minuten. Ich setze mich dafür ein, dass das Land und die Kassenärztliche Vereinigung gezielt Anreize für Kinderärztinnen und -ärzte im Landkreis schaffen und neue Versorgungsformen wie Primärversorgungszentren ermöglichen. So sichern wir Versorgung dauerhaft.
Welche Maßnahmen zur Vorbeugung von Krankheiten und zur Förderung der Gesundheit sind für Sie am wichtigsten und wie setzen Sie sich für eine Umsetzung dieser Maßnahmen in Ihrem Wahlkreis ein?
Ein Schwerpunkt muss auf der psychischen Gesundheit junger Menschen liegen. Mehr als die Hälfte der 18–24-Jährigen berichtet inzwischen über psychische Erkrankungen. Ich setze mich dafür ein, dass Prävention hier früh ansetzt: mit starker Schulsozialarbeit, niedrigschwelligen Beratungsangeboten und Präventionsprogrammen an Schulen und Hochschulen. Gesundheitsförderung darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Deshalb will ich ein kostenloses, ausgewogenes Mittagessen in Kitas und Schulen einführen, gesunde Ernährung ist Teil guter Prävention. Auch im Erwachsenen- und Seniorenalter müssen Angebote wie Bewegungs- oder Vereinsprogramme und Hausbesuche gestärkt werden. Dafür braucht es einen starken öffentlichen Gesundheitsdienst.
Welche Herausforderungen gibt es Ihrer Meinung nach in der Pflege in Ihrem Wahlkreis und welche Maßnahmen sind erforderlich, um diese zu bewältigen?
Die Pflege im Landkreis Sigmaringen steht vor einer massiven demografischen Herausforderung: Bis 2035 wächst die Zahl der Menschen ab 65 Jahren um rund 27 %, die Zahl der Personen ab 80 Jahren steigt um rund 7,5 % an (2024, Seniorenkonzept Sigmaringen). Das bedeutet mehr Pflegebedarf bei gleichzeitigem Fachkräftemangel. Unser Ziel muss sein, ältere Menschen und Pflegebedürftige länger in ihrem gewohnten Umfeld zu unterstützen, z.B. durch Projekte wie die Gemeindeschwester plus. Die Entlastung von pflegenden Angehörigen finanziell (Pflegehalt). Gleichzeitig müssen wir die Eigenanteile in Pflegeheimen senken, indem das Land endlich Investitions- und Ausbildungskosten bezuschusst. Menschen in der Pflege, beruflich oder familiär, tragen unsere Gesellschaft, das muss stärker unterstützt werden.
Welche Gesundheitsthemen sind Ihnen im Hinblick auf die nächsten fünf Jahre besonders wichtig und warum?
Die Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung steht für mich an erster Stelle. Das umfasst neben den Ärztinnen und Ärzten den zahnärztlichen Bereich und die Apotheken, die Geburtshilfe sowie die Heilmittelerbringer. Ganz wichtig sind unsere Krankenhäuser. Die Klinikfinanzierung des Bundes benachteiligt Baden-Württemberg. Und wir brauchen endlich mehr Steuerung durch die Landeskrankenhausplanung. Wichtig ist mir die Wiederherstellung der Attraktivität der einzelnen Berufsbilder: Endlich Schluss mit der überbordenden Bürokratie, die Kraft und Zeit ohne konkreten Mehrwert bindet. Es kann nicht sein, dass beispielsweise Krankenhausärzte bis zu drei Stunden täglich für Bürokratie verschwenden. Ich werbe zudem für neue Versorgungsformen, die wirklich sektorenübergreifend gestaltet werden.
Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der Gesundheitsversorgung in Ihrem Wahlkreis und wo sehen Sie den dringlichsten Bedarf etwas zu verbessern?
Mein Dank gilt allen Aktiven in der Gesundheitswirtschaft. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass hier weit über die Belastungsgrenze hinaus wertvolle Arbeit geleistet. Jeder kennt aber die Diskussion, wie schwierig es ist, etwa eine Kinderärztin oder einen Kinderarzt zu finden oder bei uns Fachärzten Termine zu bekommen. Budgetierung, Regelleistungsvolumen und Regresse sind dabei Schlagworte die Niederlassungen im Wege stehen. Die Schließung der ärztlichen Bereitschaftsdienste in Bad Saulgau und in Albstadt hat dazu geführt, dass die Notfallversorgung nachts und am Wochenende erheblich schwieriger geworden ist und die umliegenden Notaufnahmen spürbar mehr belastet werden. Wir brauchen weniger Bürokratie und neue Versorgungsformen. Insbesondere die intersektorale Zusammenarbeit muss gestärkt werden und die die Möglichkeiten der Digitalisierung flexibel nutzbar sein. Machen wir es wieder einfacher, den Schritt in eine niedergelassene freiberufliche Tätigkeit umzusetzen.
Welche Maßnahmen zur Vorbeugung von Krankheiten und zur Förderung der Gesundheit sind für Sie am wichtigsten und wie setzen Sie sich für eine Umsetzung dieser Maßnahmen in Ihrem Wahlkreis ein?
Rauchen, Bewegungsmangel, Überernährung und Stressfaktoren sind für mich die Hauptrisikofaktoren. Die Voraussetzungen für eine gesunde Lebensführung müssen schon im Elternhaus vorgelebt werden. Aber auch die Schulen können hier ein Handlungsfeld für sich entdecken. Die Hauswirtschaft mit großartiger Kompetenz in Sachen Ernährung ist dabei ein wichtiges Element. Zudem schätze ich die Präventionskurse beispielsweise der AOK sehr. Es gilt, die Kultur unserer Sportvereine zu stärken, damit von jung an Lust auf Bewegung und Vitalität geweckt wird. Insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Sportvereinen sollte gestärkt werden. In der Berufswelt zeigen viele Unternehmen, wie wichtig eine Betriebliche Gesundförderung ist. So lebe ich es auch meinen Mitarbeitern vor und ermögliche es Ihnen regelmäßig im Fitnessstudio zu trainieren, denn gesunde und vitale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mein wichtigstes Kapital.
Welche Herausforderungen gibt es Ihrer Meinung nach in der Pflege in Ihrem Wahlkreis und welche Maßnahmen sind erforderlich, um diese zu bewältigen?
Seit Jahren kritisiere ich die Landesheimbauverordnung, weil wir bei bestehenden Pflegeeinrichtungen hohe Umbaukosten haben und viele Pflegeplätze im Bestand verlieren. Das muss sich ändern, außerdem setze ich mich für mehr Kurzzeitplätze ein. Mein Motto ist: weg von der Misstrauenskultur und hin zu einer Vertrauenskultur. Warum harmonisieren wir nicht die Doppelprüfungen von Heimaufsicht und Medizinischem Dienst? Wir Freie Demokraten haben bereits im Jahr 2014 ein Positionspapier zur Pflege erstellt und darin u.a. nach österreichischem Vorbild ein Konzept für eine „24-Stunden-Betreuung“ sowie ein Impulsprogramm Pflege vorgeschlagen. Wichtig ist mir auch die Prävention. Neue Gesundheitsberufe etwa bieten hier großes Potential, dass ältere Menschen erst später pflegebedürftig werden.