Die Kandidierenden zur Landtagswahl zeigen, welche gesundheitspolitischen Schwerpunkte sie setzen, welche Maßnahmen sie für die Region umsetzen wollen und welche Themen Ihnen im Wahlkreis besonders wichtig sind.
Welche Gesundheitsthemen sind Ihnen im Hinblick auf die nächsten fünf Jahre besonders wichtig und warum?
Viele niedergelassene Ärzte stehen kurz vor dem verdienten Ruhestand. Gleichzeitig sind zu wenige Ärzt:innen ausgebildet worden. Junge Mediziner:innen möchten vielfach nicht mehr in einer eigenen Praxis, sondern nur im Angestelltenverhältnis und in Teilzeit arbeiten, um Familie und Beruf miteinander vereinbaren zu können. Deshalb wird es schwierig, die Gesundheitsversorgung insbesondere im ländlichen Raum zu sichern. Wir müssen die Anzahl der Studienplätze in Medizin erhöhen und kommunale Medizinische Versorgungszentren aufbauen, um ausreichende Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Zudem müssen wir dafür sorgen, dass die Krankenkassenbeiträge nicht weiter steigen.
Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der Gesundheitsversorgung in Ihrem Wahlkreis und wo sehen Sie den dringlichsten Bedarf etwas zu verbessern?
Die Gesundheitsversorgung ist im Main-Tauber-Kreis noch relativ gut. Wir werden jedoch neue Versorgungsformen wie die Telemedizin und mobile Praxen nutzen müssen, um insbesondere in den ländlichen Gemeinden im Landkreis eine hinreichende Versorgung zu gewährleisten. Pflegekräfte können hierbei neue Aufgaben übernehmen und Ärzte entlasten. Durch Abbau von Bürokratie und Nutzung von Künstlicher Intelligenz können Gesundheitsberufe von unproduktiver Arbeit entlastet werden. Hierdurch wird Zeit zur Behandlung von Patient:innen gewonnen. KI kann zudem bei der Diagnostik von Krankheiten unterstützen.
Welche Maßnahmen zur Vorbeugung von Krankheiten und zur Förderung der Gesundheit sind für Sie am wichtigsten und wie setzen Sie sich für eine Umsetzung dieser Maßnahmen in Ihrem Wahlkreis ein?
Vorbeugen ist besser als heilen. Ein wesentlicher Faktor dazu ist eine gesunde Ernährung. Ich setze mich dafür ein, dass in Kindergärten und Schulen, in Mensen, Kantinen und Gaststätten eine gesunde Mischkost mit regionalen, biologisch erzeugten Lebensmitteln angeboten wird. Dies kommt nicht nur den Verbrauchern zugute, sondern auch den Landwirten, die dadurch auf umweltschädliche Pestizide verzichten können. Einen wesentlichen Beitrag hierfür leistet die Biomusterregion Main-Tauber, in der ich mich engagiere. Mit der Verkehrswende werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Wenn wir mehr Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegen, setzen wir kein CO2 frei. Gleichzeitig fördern wir durch die Bewegung unsere Gesundheit.
Welche Herausforderungen gibt es Ihrer Meinung nach in der Pflege in Ihrem Wahlkreis und welche Maßnahmen sind erforderlich, um diese zu bewältigen?
Um den Pflegenotstand zu beseitigen müssen in erster Linie die Kinderbetreuungsmöglichkeiten ausgebaut werden, damit Pflegekräfte Familie und Beruf miteinander vereinbaren können. Gleichzeitig brauchen wir Zuwanderung, weil der durch den demografischen Wandel steigende Bedarf an Pflegekräften sonst nicht gedeckt werden kann. Deren Berufsausbildungen müssen unbürokratischer und schneller anerkannt werden als bisher. Langfristig bleiben werden diese Menschen aber nur, wenn sie sich bei uns willkommen fühlen. Das verbreitete Misstrauen gegenüber Migranten und ihre Ablehnung gefährden die Pflege. Was wir brauchen ist eine neue Willkommenskultur und mehr Anstrengungen zur Integration dieser Menschen.
Welche Gesundheitsthemen sind Ihnen im Hinblick auf die nächsten fünf Jahre besonders wichtig und warum?
Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der Gesundheitsversorgung in Ihrem Wahlkreis und wo sehen Sie den dringlichsten Bedarf etwas zu verbessern?
Welche Herausforderungen gibt es Ihrer Meinung nach in der Pflege in Ihrem Wahlkreis und welche Maßnahmen sind erforderlich, um diese zu bewältigen?
Diese drei Fragen werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammenfassend beantwortet:
Der Main-Tauber-Kreis ist der dünnbesiedelste Kreis im ganzen Land. Der Erhalt und weitere Ausbau einer dezentralen, qualitativ hochwertigen ambulanten wie stationären Gesundheitsversorgung wird daher auch weiterhin eine elementar wichtige Zukunftsaufgabe sein. Mit den Krankenhausstandorten in Bad Mergentheim, Tauberbischofsheim und Wertheim sind wir zum Glück ganz gut aufgestellt. Das liegt auch daran, dass vom Land allein in den letzten 10 Jahren seit 2016 fast 88 Millionen € Krankenhausfördermittel geflossen sind – mit den rund 30 Millionen € Baukostenförderung für den 2016 eröffneten Krankenhausneubau in Wertheim sind es sogar weit über 100 Millionen. Die zukunftsfähige Fortentwicklung unserer Klinikstandorte ist mir seit über 30 Jahrzehnten ein wichtiges Anliegen. Entsprechend habe ich mich auch im Frühjahr 2024 bei den Demonstrationen und Kundgebungen in Stuttgart sowie auf dem Wertheimer Marktplatz sowie in mehreren Schriftverkehren mit dem Gesundheitsminister klar für den Erhalt des dortigen Krankenhauses ausgesprochen.
Allerdings liegt der Anteil der Hausärzte, die über 60 Jahre alt sind, bei uns über 40% und auch bei der Pflegequote liegt der Kreis mit 7,1% deutlich über dem Landesschnitt. Die Bewältigung des demografischen Wandels wird in den kommenden Jahren deshalb eine zentrale Herausforderung sein. Von daher müssen alle geeigneten Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung ergriffen werden.
Ein gutes Beispiel dafür ist die Landarztquote, deren Einführung mir noch als Fraktionsvorsitzender in der letzten Legislaturperiode ein Herzensanliegen war. Ich bin sehr froh, dass wir uns dabei auf meine Initiative hin auch mit dem Koalitionspartner auf deren Einführung einigen konnten. Die zusätzlichen 150 Medizinstudienplätze gehen jedes Jahr weg wie warme Semmeln, sodass wir hier auch über eine weitere Erhöhung der Landarzt-Studienplätze sprechen müssen. Denn die Landarztquote ist die effektivste Möglichkeit, die ärztliche Versorgung in den ländlichen Regionen zu gewährleisten. Die neuen Ärzte werden genau da ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht werden.
Welche Maßnahmen zur Vorbeugung von Krankheiten und zur Förderung der Gesundheit sind für Sie am wichtigsten und wie setzen Sie sich für eine Umsetzung dieser Maßnahmen in Ihrem Wahlkreis ein?
Ein gesundes und langes Leben, Longevity, ist unser aller Ziel und ein Thema, das auch mich persönlich sehr interessiert; bereits 2023 habe ich ein eigenes Buch zu dieser Thematik veröffentlicht. Wichtig ist meiner Sicht, dass wir Prävention und Gesundheitsförderung nicht als nachgelagertes Handlungsfeld, sondern als festen Bestandteil der Gesundheitspolitik begreifen. Letztlich handelt es sich dabei um eine gesellschaftliche Querschnittsaufgabe, die aber regional und vor Ort auch mit Leben gefüllt werden muss, auch mit Fortbildungs- und Informationsmöglichkeiten.
Welche Gesundheitsthemen sind Ihnen im Hinblick auf die nächsten fünf Jahre besonders wichtig und warum?
Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung ist eine der zentralen Herausforderungen der nächsten Jahre. Wir brauchen wieder mehr Ärztinnen und Ärzte in der direkten Patientenversorgung. Daher wollen wir 500 zusätzliche Medizinstudienplätze schaffen, die ärztliche Weiterbildung verbessern und die Kassenärztliche Vereinigung stärker in die Pflicht nehmen, ihren Sicherstellungsauftrag zu erfüllen. Den Rückzug der KV aus der Notfallversorgung wollen wir rückgängig machen. Mit der Gründung einer Versorgungsstiftung wird das Land künftig aktiver daran mitwirken können, wohnortnahe Versorgung zu sichern. Unser Ziel ist es: Alle Menschen sollen einen Hausarzt bzw. eine Hausärztin haben.
In der Krankenhausplanung setzen wir auf verlässliche Strukturen: keine ungesteuerten Klinikschließungen, gute Erreichbarkeit innerhalb von 30 Minuten und eine konsequente Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung. Dafür erhöhen wir die Investitionsmittel des Landes deutlich. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Versorgung im psychotherapeutischen und psychiatrischen Bereich. Wir werden die Wartezeiten auf Therapieplätze verkürzen, damit Menschen schneller die Hilfe bekommen, die sie benötigen.
Im Main-Tauber-Kreis ermöglicht diese Strategie die dauerhafte Sicherung der drei Klinikstandorte Bad Mergentheim, Tauberbischofsheim und Wertheim.
Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der Gesundheitsversorgung in Ihrem Wahlkreis und wo sehen Sie den dringlichsten Bedarf etwas zu verbessern?
Die Versorgungssituation im Main-Tauber-Kreis wird statistisch mit 88 bis 98 % als gut bewertet. In der Realität erleben viele Bürgerinnen und Bürger jedoch lange Wartezeiten auf Termine – besonders im hausärztlichen Bereich. Das führt zu dem berechtigten Eindruck, unterversorgt zu sein. Hinzu kommt: Zahlreiche Ärztinnen und Ärzte stehen kurz vor dem Ruhestand. Viele Praxen suchen seit Jahren ohne Erfolg nach einer Nachfolge. Dadurch drohen Praxisschließungen. Um dem entgegenzuwirken, setzen wir auf moderne Versorgungsstrukturen wie Gemeinschaftspraxen und Medizinische Versorgungszentren (MVZ). Zudem wollen wir Kliniken stärker für eine sektorenübergreifende ambulante Versorgung öffnen. Damit schaffen wir attraktive Arbeitsbedingungen für junge Medizinerinnen und Mediziner und sichern gleichzeitig eine wohnortnahe Versorgung.
Welche Maßnahmen zur Vorbeugung von Krankheiten und zur Förderung der Gesundheit sind für Sie am wichtigsten und wie setzen Sie sich für eine Umsetzung dieser Maßnahmen in Ihrem Wahlkreis ein?
Prävention ist der Schlüssel für ein gesundes Leben – und sie beginnt weit vor dem Krankenbett. Viele Menschen wissen, dass sie selbst viel für ihre Gesundheit tun könnten, aber es fehlt an konkretem Wissen und niedrigschwelligen Angeboten. Deshalb setzen wir auf gesundheitsfördernde Maßnahmen in allen Lebensbereichen:
• in Kitas und Schulen
• in Betrieben
• in Vereinen
• in offenen Angeboten der Kommunen
• bei älteren Menschen auch durch aufsuchende Unterstützung
Der Öffentliche Gesundheitsdienst soll dafür personell gestärkt und neu ausgerichtet werden. Angebote zur Suchtprävention und Suchthilfe wollen wir bedarfsgerecht ausbauen und verlässlich finanzieren. Außerdem möchten wir erreichen, dass mehr Menschen Vorsorgeuntersuchungen und Impfangebote wahrnehmen.
Viele Akteure – z. B. Krankenkassen, Volkshochschulen und Vereine – leisten hier bereits hervorragende Arbeit. Diese Strukturen wollen wir ausbauen und stärker vernetzen.
Welche Herausforderungen gibt es Ihrer Meinung nach in der Pflege in Ihrem Wahlkreis und welche Maßnahmen sind erforderlich, um diese zu bewältigen?
Wir wollen Menschen ermöglichen, so lange wie möglich in ihrem gewohnten Umfeld zu leben. Dafür müssen ambulante Unterstützungsleistungen ausgebaut werden. Pflegende Angehörige tragen den größten Teil der Versorgung – sie verdienen bessere Unterstützung. Deshalb setzen wir uns für ein Pflegegehalt für diejenigen ein, die aufgrund der Pflege ihre Erwerbstätigkeit reduzieren oder aufgeben müssen. Um Überlastung und Versorgungslücken zu vermeiden, benötigen wir verbindliche Pflegeplanung und ausreichend Angebote wie Tages- und Kurzzeitpflege. Die Eigenanteile in Pflegeheimen liegen bei uns häufig bei über 3.500 Euro monatlich und damit deutlich höher als in anderen Bundesländern. Das liegt daran, dass weder Investitionskosten noch Ausbildungskosten vom Land bezuschusst werden. Das wollen wir ändern. Im Main-Tauber-Kreis arbeiten Landkreis und beteiligte Akteure derzeit an einem neuen Pflege- und Seniorenplan, der eine verlässliche Grundlage für die Weiterentwicklung der ambulanten und stationären Versorgung bieten wird.