Die Kandidierenden zur Landtagswahl zeigen, welche gesundheitspolitischen Schwerpunkte sie setzen, welche Maßnahmen sie für die Region umsetzen wollen und welche Themen Ihnen im Wahlkreis besonders wichtig sind.
Welche Gesundheitsthemen sind Ihnen im Hinblick auf die nächsten fünf Jahre besonders wichtig und warum?
In den nächsten fünf Jahren liegen große Umbrüche als Gesellschaft vor uns. Im Gesundheitssystem werden wir dies wie in vielen anderen Bereichen spüren. 2029 geht der Jahrgang 1964 in den verdienten Ruhestand – der geburtenstärkste Jahrgang, den Deutschland je hatte. Hierdurch gehen auch dem Gesundheitssystem wichtige Fachkräfte verloren. Um neue Fachkräfte zu gewinnen, wird es notwendig sein, die wichtigen Berufsbilder attraktiv zu halten und die vorhandenen Lücken bei Personal und Versorgung im Gesundheitssystem zu schließen. Dafür braucht es eine faire Entlohnung des Personals – und Anreize zum Quereinstieg. Auch Migration und Zuwanderung von Fachpersonal sind wichtige Faktoren, um eine gute Versorgung sicherstellen zu können.
Niederschwelliger Zugang zu digitalen Angeboten
Der persönliche Kontakt zwischen Arzt und Patienten wird auch in Zukunft essentiell sein. Wo Fachkräfte fehlen und ein schneller niederschwelliger Zugang zu medizinischem Rat wichtig ist, können digitale Angebote Bürgerinnen und Bürgern jedoch helfen, erste medizinische Hilfe zu bekommen. Hierfür braucht es eine schnelle Digitalisierung und einen konsequenten Ausbau der Angebote. Kleinere Fragen wie die Behandlung einer Grippe können so unkompliziert von daheim aus beantwortet werden - und einer Überlastung der Ärztinnen und Ärzte in Praxen und Notfallaufnahmen vorbeugen.
Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der Gesundheitsversorgung in Ihrem Wahlkreis und wo sehen Sie den dringlichsten Bedarf etwas zu verbessern?
Der Landkreis Karlsruhe Land ist ein ländlich geprägter Landkreis, an dem eine standortnahe Versorgung aufgrund des Fachkräftemangels nicht immer einfach zu realisieren ist. Gerade erst 2025 wurde in Ettlingen die Notfallpraxis, eine seit vielen Jahren für die Versorgung wichtige Institution, von der Kassenärztlichen Vereinigung BW geschlossen. Ein Vorgang der zurecht auf breite Ablehnung in der Bevölkerung und Politik gestoßen ist. Glücklicherweise ist nun die Schaffung eines ein kommunalen Ärztehauses in Planung, das in Ettlingen eröffnet werden soll, um die entstandene Lücke zu schließen. Das befürworte ich. Ein kommunales Ärztehaus ist auch deshalb wichtig, um die Notaufnahme der SRH-Klinik in Karlsbad-Langensteinbach nicht zu überlasten. Zudem sorgt es dafür, in Ettlingen eine wohnortnahe Versorgung zu erhalten.
Gleichzeitig ist klar: Trotz dieser Bemühungen fehlt es im Landkreis an Hausarztpraxen und Fachärzten. Insbesondere Menschen mit Mobilitätseinschränkung können nicht für Facharztbesuche jedes Mal nach Karlsruhe fahren. Die Hausarztversorgung in Gemeinden wie Waldbronn, Karlsbad oder Marxzell ist so knapp bemessen, dass die meisten Praxen bereits einen Aufnahmestopp haben. Eine Neuanmeldung oder ein Wechsel des Hausarztes ist dadurch extrem schwierig geworden. Ein ähnliches Bild ergibt sich auch in anderen Bereichen des Wahlkreises. Die neue Landesregierung muss hier Anreize schaffen, um Hausärzte im ländlichen Raum zur Ansiedelung zu bewegen. Hierfür möchte ich mich einsetzen.
Welche Maßnahmen zur Vorbeugung von Krankheiten und zur Förderung der Gesundheit sind für Sie am wichtigsten und wie setzen Sie sich für eine Umsetzung dieser Maßnahmen in Ihrem Wahlkreis ein?
Viele Erkrankungen lassen sich bereits in jungen Jahren hervorragend vorbeugen. Dabei spielt vor allem die Vorsorge und der individuelle Fitnessgrad eine herausragende Rolle.
Gerade im Bereich der Vorsorge gibt es jedoch in der Bevölkerung oft noch großes Unwissen darüber, welche Vorsorgeuntersuchungen wann in Anspruch genommen können und von den Kassen bezahlt werden. Eine landesweite Kampagne könnte einen Beitrag dazu leisten, die Vorsorgeuntersuchungen bekannter zu machen. Als Landtagsabgeordneter möchte ich mich dafür einsetzen.
Darüber hinaus kann gerade im ländlichen Raum der Vereinssport eine wichtige Rolle beim Erhalt der individuellen Fitness sein. Es geht auch um soziale Kontakte. Gerade die vergangenen Jahre und die Isolation durch Corona haben gezeigt, wie sehr wir Menschen einander brauchen. Sport und Vereinsleben sind wichtige Bausteine unseres regionalen und sozialen Gefüges und unterstützen nicht nur die körperliche, sondern auch mentale Gesundheit. Unsere Vereine und das Angebot müssen gestärkt werden. Eine Maßnahme hierzu ist die Ausweitung der Ehrenamtskarte auf alle Kommunen Baden-Württembergs. Dafür möchte ich mich stark machen.
Oft vergessen wird beim Thema Prävention im Übrigen das Thema der mentalen Gesundheit. Zunehmend erkranken junge Menschen und Erwachsene an psychischen Erkrankungen. Ältere Menschen leiden vermehrt an den Folgen von Einsamkeit. Eine flächendecken, kassengestützte psychiatrische Versorgung ist essentiell, um den enormen gesellschaftlichen Kosten durch chronifizierte psychische Erkrankungen entgegenzuwirken. Das Land muss sich daher im Bund und den entscheidenden Gremien für eine Überarbeitung der Bedarfs-Planung von kassenärztlichen Psychotherapiesitzen einsetzen. Zudem wird es wichtig sein, sich auf Länderebene Gedanken zu machen, wie psychische Krisensituationen durch ambulante Krisendienste aufgefangen werden können.
Welche Herausforderungen gibt es Ihrer Meinung nach in der Pflege in Ihrem Wahlkreis und welche Maßnahmen sind erforderlich, um diese zu bewältigen?
Der Wahlkreis Ettlingen ist ein ländlich geprägter Wahlkreis. Viele Menschen im Wahlkreis besitzen eigene Immobilien, in denen sie gerne so lange wie möglich selbstbestimmt bleiben möchten. Hierfür müssen ambulante Pflegedienste und Angebote wie „Essen auf Rädern“ gestärkt und weiter ausgebaut werden. Ein wichtiger Baustein ist hier aber auch das Pflegekompetenzgesetz (aktuell Entwurf). Mit der „Community Health Nurse“ soll eine akademisch ausgebildete Pflegefachperson, die Aufgaben der Primärversorgung und eine grundsätzliche Lotsenfunktion übernehmen kann, geschaffen werden. Dafür werde ich mich einsetzen. Diese Rolle entlastet Ärzte und sorgt für eine vertrautes Umfeld und kompetente Pflege.
Welche Gesundheitsthemen sind Ihnen im Hinblick auf die nächsten fünf Jahre besonders wichtig und warum?
Als SPD wollen wir grundsätzlich die medizinische Versorgung und die Pflege für alle Menschen zugänglich machen und gerechter gestalten. Hierzu benötigt es mehr Investitionen, Subventionen und Reformen. Wir sollten nicht an unserer Gesundheit sparen. Für Ärzte in der Patientenversorgung wollen wir 500 Studienplätze schaffen und die Weiterbildung verbessern. Die Wartezeiten im psychotherapeutischen Bereich zu hoch, auch hier werden mehr Ausbildungsmöglichkeiten benötigt. Wir wollen die zunehmenden und ungesteuerten Schließungen der Krankenhäuser, Hausarzt- und Notfallpraxen verhindern und rückgängig machen. Es ist uns sehr wichtig, dass diese immer verfügbar und leicht erreichbar sind. Dies wollen wir mit mehr Investitionen und der Gründung eines staatlichen Versorgungsstiftung erreichen.
Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der Gesundheitsversorgung in Ihrem Wahlkreis und wo sehen Sie den dringlichsten Bedarf etwas zu verbessern?
Die Gesundheitsversorgung in meinem Wahlkreis ist noch nicht ganz zufriedenstellend. Die Schließung der Notfallpraxis in Ettlingen ist natürlich sehr bedauerlich, allerdings soll ein kommunales Versorgungszentrum diese verlorene Kapazität zu Randzeiten auffangen. Darüber hinaus gibt es wie in vielen anderen Landkreisen Probleme mit der hausärztlichen Abdeckung. Gerade ältere Menschen sind von der zunehmend schweren Erreichbarkeit von Hausärzten betroffen. Auch Baden-Württemberg in der Gesamtheit hat eine relativ geringe Dichte an Hausärzten, viele davon auch über 60 Jahre alt. Hier muss die Landespolitik dieses strukturelle Problem ernstnehmen und die Situation für unsere Bürger*innen verbessern.
Welche Maßnahmen zur Vorbeugung von Krankheiten und zur Förderung der Gesundheit sind für Sie am wichtigsten und wie setzen Sie sich für eine Umsetzung dieser Maßnahmen in Ihrem Wahlkreis ein?
Bildung über Gesundheit ist eine gute Art der Vorbeugung. Bildungsangebote in Schulen und Kitas über Sport, Ernährung und mentale Gesundheit sind elementar, damit sich gesundheitsschädigende Verhaltensweisen nicht im Erwachsenenalter verfestigen. Auch andere gesundheitsfördernde Maßnahmen in Betrieben, in Vereinen und durch Hausbesuche für alte Menschen sollen gefördert werden und vom Staat, von den Arbeitgebern und den Krankenkassen ausreichend zur Verfügung gestellt werden. Impfungen sind die wichtigste Präventionsmaßnahmen bei Infektionskrankheiten. Die wachsende Skepsis gegenüber Impfstoffen kann gefährliche Konsequenzen haben, weshalb hier auf mehr Aufklärungsarbeit gesetzt werden muss. Zudem müssen Angebote der Suchtprävention und -hilfe ausgebaut und finanziert werden.
Welche Herausforderungen gibt es Ihrer Meinung nach in der Pflege in Ihrem Wahlkreis und welche Maßnahmen sind erforderlich, um diese zu bewältigen?
Pflegebedürftige Mensch müssen in ihrer Lebenslage adäquat unterstützt werden und sollen so lange wie möglich in ihrer gewünschten Wohnsituation bleiben. Hierfür bedarf es zwei Dinge: Zum einen muss die ambulante Pflege verbessert und gefördert werden. Zum anderen müssen pflegende Angehörige unterstützt werden und mit einem Pflegegehalt kompensiert werden, wenn sie ihre Berufstätigkeit einschränken müssen. Aber auch in der stationären Pflege gibt es Herausforderungen. Die monatliche Eigenbeteiligung im Pflegeheim ist mit oft über 3500 Euro zu hoch und sozial ungerecht. Die Landespolitik sollte die Investitions- und Ausbildungskosten bezuschussen, um diese Kosten zu reduzieren, wie es auch in anderen Bundesländern bereits geschieht.
Welche Gesundheitsthemen sind Ihnen im Hinblick auf die nächsten fünf Jahre besonders wichtig und warum?
Die Sicherstellung einer hochwertigen und wohnortnahen Gesundheitsversorgung hat für mich oberste Priorität – von Ärztinnen und Ärzten über Apotheken und Geburtshilfe bis hin zu unseren Krankenhäusern. Baden-Württemberg wird bei der Klinikfinanzierung benachteiligt; zugleich brauchen wir mehr Steuerung und Transparenz durch eine moderne Landeskrankenhausplanung. Gesundheitsberufe müssen wieder attraktiver werden – durch weniger Bürokratie und bessere Arbeitsbedingungen. Zudem setze ich auf sektorenübergreifende Versorgung, damit Medizin, Pflege und Therapie Hand in Hand arbeiten und Patientinnen und Patienten bestmöglich betreut werden.
Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der Gesundheitsversorgung in Ihrem Wahlkreis und wo sehen Sie den dringlichsten Bedarf etwas zu verbessern?
Mein Dank gilt allen, die tagtäglich unsere Gesundheitsversorgung tragen. Dennoch erleben viele Menschen Schwierigkeiten bei der Terminvergabe, besonders in der Pädiatrie und Fachmedizin. Die Schließung des Bereitschaftsdienstes in Ettlingen zeigt, dass bestehende Strukturen nicht ausreichen. Kommunen dürfen hier nicht allein gelassen werden. Wir brauchen weniger Bürokratie, flexible Versorgungsmodelle und digitale Leitstellen, die Patientinnen und Patienten gezielt weitervermitteln. Auch die Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten muss erleichtert werden, damit unser Gesundheitssystem stark und wohnortnah bleibt.
Welche Maßnahmen zur Vorbeugung von Krankheiten und zur Förderung der Gesundheit sind für Sie am wichtigsten und wie setzen Sie sich für eine Umsetzung dieser Maßnahmen in Ihrem Wahlkreis ein?
Rauchen, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung und Stress sind große vermeidbare Gesundheitsrisiken. Wir müssen gesundes Verhalten stärken – durch Aufklärung, Eigenverantwortung und gute Rahmenbedingungen statt Bevormundung. Gesundheitskompetenz beginnt früh: Zuhause und in der Schule durch Ernährungsbildung und Bewegung. Vereine leisten wertvolle Präventionsarbeit und verdienen Unterstützung statt Bürokratie. Betriebliche Gesundheitsförderung verbessert Leistungsfähigkeit und stärkt die Wirtschaft. Angebote wie die der AOK tragen ebenfalls dazu bei.
Welche Herausforderungen gibt es Ihrer Meinung nach in der Pflege in Ihrem Wahlkreis und welche Maßnahmen sind erforderlich, um diese zu bewältigen?
Die Landesheimbauverordnung gefährdet bestehende Pflegeplätze durch hohe Umbaukosten – das muss sich ändern. Wir benötigen mehr Kurzzeitpflegeplätze und eine Kultur des Vertrauens statt übermäßiger Kontrolle. Doppelprüfungen sollten harmonisiert werden, um Zeit und Ressourcen zu sparen. Bereits 2014 haben wir Freie Demokraten ein umfassendes Pflegekonzept vorgelegt, u. a. mit einem Modell zur 24-Stunden-Betreuung. Zudem brauchen wir stärkere Prävention und neue Gesundheitsberufe, damit ältere Menschen länger selbstbestimmt leben können und das Pflegesystem entlastet wird.